Forschen mit Absturzsicherung
Wissenschaftlerinnen entwickeln ein intelligentes Frühwarnsystem
Ausgerüstet mit einem Auffanggurt und einer Signalweste steht Anika Hotzel zusammen mit ihrer Kollegin Tomke Prünte auf einer Eisenbahnbrücke in vier Metern Höhe über der Straße. Die beiden Wissenschaftlerinnen haben gerade einen weiteren Hochwassersensor für ihr Forschungsprojekt angebracht und in das Netzwerk eingebunden. Aus Sicherheitsgründen wurde die Eisenbahnstrecke während der Montagearbeiten gesperrt.
„Spektakuläre Einsätze wie dieser sind zwar eher selten, gehören aber in meinem Projekt zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu. Schwindelfrei und trittsicher sollte man schon sein“, betont Anika Hotzel mit einem Augenzwinkern. Zusammen mit Tomke Prünte arbeitet sie im Forschungsprojekt „Resilienz gegen hydrologische Extremereignisse“, das ein KI-gestütztes Frühwarnsystem für klimabedingte Extremwetterereignisse wie Starkregen, urbane Sturzfluten und Hochwasser entwickelt und in Zusammenarbeit mit Städten erprobt.
Hierzu wird ein Sensornetzwerk zur Wasserstandmessung aufgebaut. Vor allem an kritischen Punkten wie Unterführungen und Brücken müssen die Sensoren angebracht werden. Um die Sensoren korrekt zu positionieren und ihre Funktionstüchtigkeit sicherzustellen, gibt es für die jungen Wissenschaftlerinnen weitere Einsätze dieser Art.
Starkregenereignisse nehmen auch im Ruhrgebiet als Folge des Klimawandels zu. Nicht selten sind damit enorme Sachschäden und die Gefährdung von Menschen verbunden. Das Frühwarnsystem leistet einen wichtigen Beitrag, um die Widerstandsfähigkeit der Ruhrgebietsstädte zu verbessern.

„Durch die Analyse von historischen und Echtzeit-Wetterdaten in Kombination mit Prognosemodellen können wir Überflutungen KI-basiert früher vorhersagen“, hebt Anika Hotzel hervor. Das verschafft den Einsatzkräften von Feuerwehr, THW oder Polizei wertvolle Zeit und bessere Handlungsmöglichkeiten. Beispielsweise können Anwohner früher informiert, Straßen früher gesperrt und Hochwasserschutzmaßnahmen früher eingeleitet werden. Das Frühwarnsystem liefert zudem für die Stadtplanung wichtige Entscheidungsgrundlagen, etwa bei der Umsetzung des Schwammstadtprinzips. Bürger*innen hilft das Frühwarnsystem durch fundierte Informationen, die in Gefahrenkarten und Warn-Apps einfließen werden, und bei Selbstschutzmaßnahmen durch bauliche und organisatorische Vorsorge.
„Mit unserem Projekt können wir Starkregenereignisse nicht verhindern, aber wir können die Klimafolgenanpassung unterstützen und unsere Städte widerstandsfähiger machen“, sagt Anika Hotzel. Das Forschungsvorhaben „Resilienz gegen hydrologische Extremereignisse“ ist eingebettet in THALESruhr, dem Nachhaltigkeitsprojekt der Hochschule Bochum. Unter diesem Dach arbeiten Forschende in neun Teilprojekten daran, die Transformation des Ruhrgebiets aktiv mitzugestalten. Die Themen reichen von nachhaltiger Mobilität über ökologische Stadtentwicklung bis zum zukunftsfähigen Bauen. Gemeinsam verfolgen die Teams das Ziel, praxisnahe Lösungen für Kommunen, Wirtschaft und Gesellschaft bereitzustellen.